1880-1966
Großvater Leopold
Gruber, der Vater meiner Mutter, war Wirtschaftsbesitzer und Weinhauer in
Klosterneuburg.
Zu seinem 80. Geburtstag stand folgender Artikel in der
"Klosterneuburger Nachrichten":
In diesen Tagen hat Altgemeinderat Leopold Gruber
seinen achtzigsten Geburtstag gefeiert. Es ist gut, sich bei dieser
Gelegenheit daran zu erinnern, was dieser alteingesessene Bürger
Klosterneuburgs für seine Heimatstadt geleistet hat.
Ist doch vor allem die Erbauung der Klosterneuburger
Höhenstraße auf seine Tatkraft und seinen unentwegten und zähen
Willen zurückzuführen. Dieser seinerzeit von manchen betroffenen
Grundbesitzern mit Misstrauen und Abneigung gesehene Straßenbau hat
inzwischen seine Bewährungsprobe zum Nutzen unserer Stadt - man denke
nur an den Ausweichverkehr nach Wien anlässlich von Hochwässern - voll
und ganz bestanden.
Herr Gruber hat neben seiner Tätigkeit in seinem
bedeutenden landwirtschaftlichen Betrieb stets seine Arbeitskraft und
Erfahrung zugunsten seiner Mitbürger eingesetzt. Er war als Gemeinderat
Mitglied des Bauausschusses. Er gehörte der Weinsteuerkomission an, war
Anerbenrichter, stand als Sachverständiger für Landwirtschaft dem
Gericht zur Verfügung. Er hat durch volle 15 Jahre dem Vorstand und
Aufsichtsrat der Klosterneuburger Volksbank angehört. Ebenso war er
durch Jahrzehnte im Vorstand und Aufsichtsrat der Klosterneuburger Eis-
und Sodawasserfabrik tätig. Seiner und der Initiative des Nat.Rat
Weinmayer ist die Schaffung des zentral gelegenen Heimes der ÖVP zu
danken.
Es ist ein unendlich arbeitsreiches Leben zum Nutzen
seiner Mitbürger, für das dem Jubilar in diesen Tagen Dank und
Anerkennung zuteil wird.
Am 25. 4. 1962 schrieb Großvater Gruber folgenden
Leserbrief für die "Klosterneuburger Nachrichten":
Ich habe mit Interesse Ihren Artikel über die
Initiative zur Errichtung der Klosterneuburger Höhenstraße gelesen.
Da ich zur Zeit dieses Straßenbaues als Gemeinderat
Gelegenheit hatte, an seiner Verwirklichung mitzuhelfen, möchte ich
dazu aus meiner Erinnerung einige Details beisteuern. Es ist richtig,
dass Oberst Blaschek als erster die Idee zum Höhenstraßenbau gehabt
hat. Dieser Gedanke wurde dann vom damaligen Landeshauptmann Reither
aufgegriffen, die finanzielle Bedeckung gesichert und die Ausarbeitung
des Projektes durch das Landes-Straßenbauamt veranlasst.
Das hört sich heute einfach an. Aber ich weiß noch,
welche Widerstände, vor allem seitens einzelner Grundbesitzer, zu
beseitigen waren und wie viel Überredungs- und Verhandlungskunst
notwendig war, alle Einwände zu zerstreuen. Die erste Trasse über den
Josefsteig wurde vom Niederösterreichischen Bauamt als undurchführbar
fallen gelassen. Auch die von Oberst Blaschek vorgeschlagene, von der
Josef Schöffelgasse ausgehende Trassenführung wurde bald als nicht
durchführbar erkannt, da die Grundbesitzer dagegen waren und ich schlug
die jetzige Ausgangstrasse im Zuge eines vorhandenen, bereits im
öffentlichen Gut befindlichen Hohlweges vor, die schließlich auch die
Zustimmung aller Beteiligten fand. Sehr viel unauffällige und
unbedankte Kleinarbeit hatte mit diesem Projekt auch der damalige Leiter
des Klosterneuburger Bauamtes, Oberbaurat Huber.
Doch wäre allem Mühe vergeblich gewesen, hätte
nicht der damalige Kanzleidirektor des Chorherrenstiftes Friedrich die
Bedeutung des Höhenstraßenbaues für Klosterneuburg frühzeitig
erkannt und seinen großen Einfluss, insbesondere auch für die
Abtretung der Stiftsgründe, geltend gemacht.
Und so konnten schon nach einer nur wenige Monate
dauernden Vorbereitung und Planung der damalige Wiener Bürgermeister
Schmitz und unser unvergesslicher Klosterneuburger Bürgermeister Hofrat
Goller an einem klirrend kalten Wintertag des Jahres 1936 den ersten
Spatenstich an der Grenze zwischen Wien und Klosterneuburg durchführen.
Seither verbindet dieses durch eine der schönsten Gegenden der
Donaulandschaft geführte steinerne Band unsere alte Babenbergerstadt
mit der österreichischen Hauptstadt jenseits des Kahlenberges.
Leopold Gruber
Ein weiterer Artikel der "Klosterneuburger
Nachrichten" meldete:
Ehrenringträger Leopold Gruber verstorben
"Auf Wiedersehen im Himmel ..." Mit diesen
Worten hatte sich Altgemeinderat Leopold Gruber nach der Festsitzung am
21. Jänner 1966, bei der ihm der Ehrenring der Stadtgemeinde
Klosterneuburg überreicht wurde, von seinen alten Freunden
verabschiedet. Die Angesprochenen lächelten - ein wenig verlegen, ein
wenig betroffen, wie eben Menschen zu lächeln pflegen, wenn einer vom
Sterben spricht, dem man noch gerne ein paar Jahre gönnen möchte, und
von dem man doch schon ahnt, dass er bald abberufen werden könnte.
"Auf Wiedersehen im Himmel ....!" So
spricht einer, der seine Angelegenheiten herüben in Frieden und in
Ehren abgeschlossen hat und seine Blicke gelassen und vertrauensvoll auf
eine adere Welt richtet.
Montag, den 2. Mai, um 20.15 Uhr, ist Leopold Gruber
hinübergegangen - im 86. Lebensjahr, nach kurzem, schwerem Leiden, und
nach einem langen, arbeitsreichen Leben, das randvoll ausgefüllt war
mit tätiger Sorge für die Seinen und für die Allgemeinheit, für
deren Angelegenheiten Leopold Gruber stets ein warmes Herz und einen
offenen Sinn hatte.
Seiner Witwe, seinen drei Töchtern und allen seinen
Anverwandten mag die große Anteilnahme, die ihnen entgegengebracht
wird, ein kleiner Trost sein.